Stillende Göttin mit Wickelkind 

Im Freigelände des Tempelmuseums Frauenberg finden seit über 70 Jahren archäologische Forschungsarbeiten statt. Im Jahr 2014 entdeckte man bei der Freilegung der Schlauchheizungsanlage eines spätantiken Wohnhauses einen verkeilten Stein in der Fundamentmauer. So wie der Stein in der Mauer lag, erregte er die Aufmerksamkeit der Forschenden: Es schien, als ob unter dem Fundament noch mehr zu finden sei. Bei der Bergung erwies sich das ominöse Stück als Votivstatuette einer stillenden Muttergöttin. Sie wies den Weg zu 16 weiteren solchen Statuetten, die unter dem Wohnhaus in einer Abfallgrube verscharrt lagen. Die ersten christlichen Gläubigen am Frauenberg wollten den heidnischen Kult für alle Zeit entweihen und schlugen den Figuren die Köpfchen ab. Seit Jahrtausenden werden Muttergöttinnen als Fruchtbarkeit spendende Nothelferinnen verehrt. Wer Hilfe in einer Schwangerschaft, bei einer bevorstehenden Geburt oder Segen für den Nachwuchs erbitten wollte, wandte sich an diese Göttinnen, die in unterschiedlichen Kulturen verschiedene Namen trugen. Den Namen der "Göttin vom Frauenberg" kennen wir heute nicht mehr, die Eigenschaften, die sie versinnbildlicht, sind uns allen aber ein Begriff. Die Votivstatuetten, die man vor langer Zeit im Tempelareal platzierte, verstehen wir heute als Ausdrücke von Wünschen, Sehnsüchten und Hoffnungen, deren Wortlaut wir nicht mehr kennen, deren Absicht beim Anblick der stillenden Frauenfiguren aber heute noch zu spüren ist.

Das Tempelmuseum steht auf den sichtbaren Überresten eines römischen Tempels im Zentrum eines jahrtausendealten Kultplatzes. Die aufsehenerregenden Votivstatuetten zeigen, dass der Frauenberg von alters her Verehrungsort einer göttlichen Mutter war. Die Christianisierung der Region konnte den Charakter dieses Ortes nicht auslöschen. Die Kultpraxis lebt bis heute in veränderter Form in der benachbarten Marienwallfahrtskirche weiter und zeigt sich nicht zuletzt im Ortsnamen Frauenberg.