17 | 05 | 2023
Elisabeth Schlögl

Wenn ein Stein ins Wasser fällt, dann ...

Wenn ein Stein ins Wasser fällt, dann zieht er Kreise – zunächst einen, dann zwei ...  Mit der Frage "Wer bist du: Steiermark?" haben wir mancherorts etwas ausgelöst. Da und dort entwickelten sich neue Ideen. Lassen Sie sich hier inspirieren und schmökern Sie in den Antworten von enthusiastischen Museumsmenschen, die "Wer bist du: Steiermark?" weiterdachten.

 

Im Heimatmuseum Ilz

 

Elisabeth Schlögl: Trotz eurer derzeitigen Museumsschließung zeigt ihr in einem Raum 32 ausgewählte Objekte wie eine Holzkraxe, einen Lehrbrief und eine Karbidlampe. Wie kam es dazu und was hat das mit "Wer bist du: Steiermark" zu tun?

 Toni Ithaler: Johannes [Johannes Dichtinger, Obmann des Vereins] und ich besuchten das Werkstattgespräch "Objektgeschichten schreiben" in Graz. Dort wurde die Idee von Objektvorstellungen geboren. Das Museum ist wegen dringender Sanierungsarbeiten geschlossen, das 30-Jahr-Jubiläum fiel der Pandemie zum Opfer und so bot sich folgende Idee geradezu an: Die 12 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen des Historischen Vereins suchen sich je drei Objekte aus dem Museum aus und davon werden letztlich 32 ausgewählt. 32 Objekte für 32 Jahre Museum. An fünf Sonntagen werden diese Objekte im Lokraum, der von der Sanierung nicht betroffen ist, den Besucher*innen präsentiert. Der 1. Sonntag war am 16. April. Grubenlok, Karbidlampe, Kumpf, Holzkraxe, Lehrbrief der Zimmerer von 1845 und die Innungstruhe der Zimmerer von 1803 wurden vorgestellt. Unter den Gästen waren: Museumsgründer Franz Neuherz (Lok); Bergmann Hans Potzmann zeigte die Funktion der Karbidlampe und Helmut Seidl erzählte in Zimmerertracht von seinen acht Jahren Stör in über 100 Ländern. Die Vorstellungen der Objekte hatten immer den gleichen Ablauf: Warum hast du das Objekt ausgesucht? Was war die historische Funktion des Objektes? Wie ist das Objekt in das Museum gekommen? Welche Funktion hatte das Objekt im Alltagsleben der Bürger*innen?

Danach erzählten die Besucher*innen und ergänzten unsere Ausführungen. So entstanden unglaublich spannende Geschichten über die einzelnen Objekte. Mit 50 bis 60 Besucher*innen eine tolle Veranstaltung. Am Ende der Ausstellungsserie soll ein Buch mit den Objekten und der Geschichte des Museums entstehen.

 

Im Kammerhofmuseum Bad Aussee

 

Elisabeth Schlögl: Die Frage "Wer bist du: Steiermark?" hat im Kammerhofmuseum ganz schön was ins Rollen gebracht – was passierte nach unserer Einladung, Objektgeschichten einzureichen?

Kammerhofmuseums-Team: Die Aufforderung, an diesem Projekt teilzunehmen, war Anlass dafür, dass einige Mitarbeiter*innen des Museums ihre Kreativität entdeckten und ein (bis dahin ungeahntes) Erzähltalent entwickelten. So wurde aus drei Objektgeschichten, die im Rahmen der Teilnahme an diesem Projekt möglich waren, ein ganzes Konvolut an Geschichten.

Dann kam die Idee auf, 20 Exponat-Geschichten in einer Broschüre zu veröffentlichen, mit Bildchen zu versehen und im Museumsshop aufzulegen. Doch auch das war uns zu wenig, wollten wir doch die Geschichten unter d’ Leut bringen! Also planten wir einen "Geschichtenabend" zur Eröffnung der Museumssaison und baten befreundete Musikanten, unsere Geschichtenvorstellung musikalisch zu begleiten. Damit gelang uns ein lehrreicher und zugleich vergnüglicher Abend – nicht nur für das gesamte Team, sondern auch für die zahlreich erschienenen Museumsfreunde.

So geschehen am 1. April im Kammerhofmuseum. Unsere eigene Begeisterung übertrug sich 1 : 1 auf die Zuhörer. Hohen Anteil am Gelingen unseres Abends hatten auch die Musikanten, die – multiinstrumental ausgestattet – zu jeder Geschichte die passende Musik spielten. Auch mit den Ausseer Bräuchen nicht vertraute Besucher kam damit zu Ohren, wie jenes Hosensackinstrument klingt, das beim Fensterln mitlauschen durfte. Und als der alte Schlager "O sole mio" erklang, war klar, welches Safterl einst vom Salzberg in die Pfannen von Aussee floss – entlang der ersten Pipeline des alpinen Raumes.

 

Im Naturmuseum Neuberg

 

Elisabeth Schlögl: Was hat unsere Frage bei euch im Naturmuseum Neuberg bewirkt?

Daniela Paul: Die Redewendung "wie die Jungfrau zum Kind kommen" könnte nicht treffender ausdrücken, wie wir als Naturparkteam zum "Naturmuseum Neuberg – Sammlung Schliefsteiner" gekommen sind. Wir kannten selbstverständlich die umfangreiche Sammlung von Tierpräparaten, die Prof. Herbert Schliefsteiner gestaltet hatte, und durften auch schon vor einigen Jahren an einer Führung teilnehmen. Aber es blieb doch bei einem oberflächlichen Kennenlernen.

Als wir dann vor rund einem Jahr erfuhren, dass wir als Naturparkverein das Naturmuseum Neuberg weiter betreiben werden und die Ausstellung neu gestaltet werden soll, war klar, dass wir tiefer in die Materie eintauchen müssen. Und nichts war dafür besser geeignet als das Projekt Wer bist du: Steiermark?

Mein erster Schritt war eine gemeinsame Besichtigung der Exponate mit Helmut Schliefsteiner, dem Sohn von Prof. Schliefsteiner. Und diese gemeinsame Besichtigung entfachte das Feuer für diese wunderbare Sammlung in mir. Aus erster Hand zu erfahren, welch akribische Genauigkeit, welche Sammlerleidenschaft, welch umfassendes Wissen, welches Engagement und Herzblut nötig waren, um dieses Lebenswerk zu gestalten, beeindruckte mich tief.

Heute befinden sich fast 5.000 Exponate in den liebevoll gestalteten Dioramen und jedes Exponat erzählt zwei ganz persönliche Geschichten: die Lebensgeschichte des Tieres und die Geschichte, wie dieses Tier zu Prof. Schliefsteiner kam. Und jede dieser Geschichten ist etwas Einzigartiges und Besonderes – der wahre Schatz, den eine solche Sammlung bedeutet, wurde mir erst da bewusst.

Durch das Projekt Wer bist du: Steiermark? konnte in mir ein Bewusstsein für den Wert dieser besonderen Sammlung entstehen und ein unbeschreiblicher Wissensdurst, der mich anspornte und noch immer anspornt, noch mehr über die einzelnen Exponate in Erfahrung zu bringen und dieses Wissen festzuhalten, damit es für die Nachwelt erhalten bleibt.

 

 

Fotos: Johannes Dichtinger

Collage: UMJ/A. Weishaupt